
Alle Jahre wieder haben wir am VLG zwei besonders markante Frühlingsboten: unsere beiden Austernfischer. Ihr schwarz-weißes Gefieder in Kombination mit dem langen roten Schnabel und den roten Beinen macht sie unverwechselbar. Vorlaute Fünftklässler verunglimpften sie angesichts der Körpergröße von 43 cm auch schon mal als Schrumpfstörche. Beide Geschlechter sehen sich sehr ähnlich, lediglich der Schnabel ist beim Weibchen etwas länger als beim Männchen.
Austernfischer sind eigentlich Bewohner der Gezeitenküste, die sich von Muscheln und Würmern im Watt ernähren. Auf unserem Schulgelände tun es aber auch Schnecken und Regenwürmer vom Rasen, die Flut ist also aus ihrer Sicht verzichtbar.
Am liebsten brüten Austernfischer in kleinen Mulden im groben Uferkies. Das geschotterte Flachdach unserer Turnhalle kommt ihrem Geschmack offensichtlich recht nahe.

Zur Brutzeit ruft das Männchen gellend, gelegentlich schwellen seine Rufe zu einem lärmenden Trillern an. Es tritt besonders häufig auf, wenn revierlose Rivalen in sein Brutrevier eindringen. Zwar ist derer weit und breit keiner in Sicht, doch leider hält unser Austernfischer sein eigenes Spiegelbild in den Fensterscheiben für einen besonders dreisten Eindringling - der noch dazu ebenbürtig und außerordentlich reflexstark ist. Also muss er schon mal laut werden.
Austernfischer verteidigen einen Brutplatz und das zugehörige Revier lebenslang, und das kann dauern, denn sie werden bis zu 35 Jahre alt. Lange Paarbindung kommt übrigens häufig vor, nachgewiesen wurden über 20 Jahre.
Ihr Gelege besteht meist aus drei Eiern, die zwischen Mai und Juli etwa 26 Tage lang ausgebrütet werden. Die Küken sind Nestflüchter und verlassen fünf bis sechs Stunden nach dem Schlüpfen das Nest, angesichts der Dachhöhe kein ungefährliches Unterfangen. Wenn sie anschließend nicht Rohrweihen, Möwen, Sperbern und vor allem Katzen zum Opfer fallen, sind sie bis zu den Sommerferien flügge. Dann verlassen sie das Schulgelände und suchen sich ihre Nahrung wieder im Watt der Nordsee.

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